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AMBASSADOR21 interview by ORKUS MAGAZINE

Nicht direkt auf Zimmer 21, aber gestorben ist da jemand, im Hotel Ambassador – und verlor exakt 21 Gramm Gewicht, wie es beim Menschen ueblich ist in jenem Augenblick des UEberschreitens der Grenze zum Tod. Dieses Faszinosum war namengebend fuer das belarussische Hardcore Industrial Punk-Duo Ambassador21, zu dessen fuenftem Geburtstag nicht allein die Remixplatte Cut & Go erschien, sondern jetzt obendrein auch das fuenfte regulaere Album Fuck All $y$tem$. Das „$“ dient dabei weder als Synonym fuer Geld noch fuer Amerika – sondern fuer beides und alles, wie Alexey Protasov bestaetigt: „Zwar hasst derzeit jeder die Vereinigten Staaten, doch niemand hasst Geld“, schmunzelt er und erlaeutert eindringlich: „Jedes System basiert auf Finanzkraft, und die USA mit ihren Dollars sind nur ein Teil des globalen Herrschaftssystems. Fuck all systems heisst Fuck ALL systems, die USA natuerlich inklusive.“
Die Deutschlandpremiere des juengsten Werkes wird auf dem Maschinenfest in Krefeld (12. bis 14.10.) gefeiert. Aber bis dahin ist noch manches zu erledigen, und das ist in einem Staat wie Weissrussland nicht so einfach. Alexey berichtet: „Man hat es ueberall schwer als Kuenstler, nicht bloss hier in Minsk, denn es beschaeftigen einen viel zu viele Fragen, auf die es immer nur eine Antwort gibt. Doch in Weissrussland hat das Dasein sicher eine spezielle Qualitaet. Jeder Kuenstler – ob aus der Musik, der Malerei, dem schriftstellerischen Bereich – benoetigt die Hilfe der anderen. Wir muessen uns zusammenschliessen und Gesinnungsgenossen finden, neue Orte erkunden, um frische Impressionen zu erhalten. In unseren Koepfen existieren keine Grenzen, aber wenn man in einem isolierten Land lebt, ist es mit der Bewegungsfreiheit nicht weit her.“
Zensur herrscht natuerlich ebenfalls. „Die politische Situation beeinflusst die Freiheit der Kunst. Dies hat jedoch auch positive Effekte – Limitierungen von aussen treiben die Suche nach der Freiheit im Geiste voran. Wenn man jene erlangt, kann man ueber den Dingen stehen, und alles andere ist egal.“ Clubs und Szene in Minsk respektive Belarus allgemein finden komplett im „Untergrund“ statt, es gibt keine offiziellen Treffpunkte. Doch momentan ist einiges im Aufbruch, es brodelt, und Protasov zeigt sich zuversichtlich, dass die heimische Szene in naher Zukunft etwas mehr ans Tageslicht ruecken wird. Trotz Widrigkeiten konnten er und seine Partnerin Natasha seit fuenf Jahren delikate Mindfucks produzieren. Da man zwischen Rebellen und Revolutionaeren unterscheiden sollte, betrachten sich Ambassador21 fraglos als Rebellen – oder Punks. „Wir verfolgen keine politischen oder gesellschaftlichen Ziele. Aber wir stiften Unruhe, machen Krawall, und das kommt von ganz tief in uns drinnen. Als Protest gegen saemtliche Scheisse – politisch, sozial, kulturell, menschlich, was auch immer.“
Im Laufe der Zeit, die Ambassador21 und das Label Invasion Wreck Chords nun schon existieren, ist ein Kuriosum, dass die Zahl „21“ stets praesent bleibt, die Band geradezu treu begleitet, wie Alexey oft verwundert feststellt: „Die Fahrt auf der Autobahn A 21 waehrend der ersten Europatournee, Zugnummern, Sitzplaetze – 21, 21A et cetera. Wir denken mittlerweile, die 21 ist unser Schicksal, und wir warten bereits auf die naechste 21, die unseren Weg kreuzt. Ah ja – auch tote Voegel haben uns dauernd verfolgt. Wer weiss, was das wohl bedeutet?“ Im Jubilaeumsjahr nicht vergessen werden darf Suicide Inside, das Nebenprojekt, welchem die gleiche Energie innewohnt: „Ambassador21 steht fuer die Dinge, die um uns herum passieren, und Suicide Inside steht fuer das, was in uns geschieht. Daher ist Letzteres wesentlich duesterer, symbolischer, unerklaerter – musikalisch wie textlich. Es ist ein Krieg mit uns selbst...“

Interviewed by Thomas Sonder for ORKUS MAGAZINE, Oktober 2007

 
       
     
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